Kümmern ist weiblich!
Mental Load – das ist die Last des Dran-Denkens. So beschreibt Referentin Stefanie Mädel das Phänomen, das vor allem Frauen kennen. Ob privat oder im Beruf: Frauen sind für die Planung und Umsetzung unzähliger, kleiner Dinge zuständig, ohne dass sie für die Kümmer-Arbeit Wertschätzung erhalten. Das Thema besitzt Brisanz und hat eine hohe Relevanz für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Mit 35 Teilnehmerinnen war der interaktive Vortrag am 1. Februar 2022 daher gut besucht. Eingeladen hatten das DONNA Unternehmerinnen Netzwerk e. V. und das Kompetenzzentrum Frau & Beruf Westfälisches Ruhrgebiet.
Fast jede Frau kennt dieses Gefühl, abends völlig erschöpft niederzusinken, ohne zu wissen, was genau sie eigentlich im Laufe des Tages gemacht und geschafft hat. Die Referentin des Vortrages die Psychologin Stefanie Mädel aus Konstanz nennt es poetisch die „Elfenarbeit“ oder weniger schmeichelhaft das „Sie-macht-das-schon-Syndrom“.
Fest verankert in hausfräulichen Rollenmodellen und Müttermythos ackern Frauen heute an der Kümmerfront. Haushalt, Freunde, Kinder, Familie, Kollegen, es nett machen, für das Besondere, die kleine Überraschung und für so vieles andere sorgen Frauen in Familie und Beruf. „Das Besondere ist, dass Frauen gleichzeitig für Planung und Umsetzung zuständig sind. In der Wirtschaft, gibt es den typischen Manager, der nur plant. Da sind es verschiedene Menschen und Positionen“, sagt Stefanie Mädel und verweist auf die fehlende Sichtbarkeit und Wertschätzung für all das Kümmern.
„Multitasking wirkt auf das Hirn wie eine durchzechte Nacht!“
Der Dauerstress wird für Frauen zum Normalzustand und sie verlernen, sich zu entspannen. Der Teufelskreis dreht sich. Burnout, Stresserkrankungen und Schlimmeres sind die Folgen.
Die Ursachen für das Freidrehen im Hamsterrad sieht Stefanie Mädel neben gesellschaftlichen Stereotypen und ungünstigen Unternehmenskulturen auch in den verinnerlichten Glaubenssätzen der Frauen, die zum Perfektionismus neigen: „Gewusst ist zwar noch nicht gemacht. Aber setzen Sie Ihren Glaubenssätzen zunächst mal innere Erlauber dagegen. Statt sich zu sagen ‚Ich muss alles perfekt machen.‘, probieren Sie es doch mal mit dem Satz: ‚Ich darf auch mal etwas schlecht machen.‘ oder ‚Ich darf auch mal Leute enttäuschen‘.“
Denn natürlich gibt es Auswege aus der Mental-Load-Falle. Der vielleicht wichtigste Punkt ist es zu delegieren, Aufgaben abzugeben. Aber eben nicht nur die Aufgaben, sondern auch die komplette Verantwortung und die Standards für die Durchführung. „Erst wenn Sie das gesamte Paket von Aufgabe, Verantwortung und Standards abgeben, sind Sie nicht mehr zuständig. Aber sie müssen dem anderen auch die Kompetenz geben“, ermahnt die Referentin. Es reicht also nicht aus den Familieneinkauf an den Gatten zu delegieren, aber immer noch den Einkaufszettel zu schreiben. Dann liegt die Last noch bei der Frau. Gleichzeitig bedeutet das aber auch zu akzeptieren, dass er anders einkauft.
Mit Tipps wie diesen sorgte Stefanie Mädel für viele kleine Einsichten und eine hohe Betroffenheit. Ihre individuellen Geschichten zur Flut der unzähligen kleinen Aufgaben konnten die Teilnehmerinnen in Kleingruppen austauschen. Das Fazit: Selbstfürsorge ist das wichtigste Fundament für eine Veränderung. Aber auch Unternehmen können ihren Beitrag leisten. Dazu gab das Online-Event viele Impulse, die dankbar aufgegriffen wurden. Nach einem informativen und kurzweiligen Abend vergaben die Teilnehmerinnen überwiegend Bestnoten und werden in Zukunft mit einem anderen Blick auf den Dauerstress des Mental Load blicken.